Persönlicher Bericht von Ex-Oberbürgermeisterin Margret Mergen

Schulen für Afrika

› Bericht von Margret Mergen

Das konkrete Schulprojekt in Uganda:
Ende Juni war ich gemeinsam mit Frau Stadträtin Dr. Kath und meiner Schwester Gerburgis in Uganda, wo wir die Schule feierlich eingeweiht haben. Es handelt sich um das Schulprojekt für das viele Bürgerinnen und Bürger von  Baden-Baden in den vergangenen Jahren gespendet haben. Ich hatte mir in Folge der Flüchtlingskrise von 2015 ein Schulprojekt in Uganda in der armen Region Mityana ausgesucht. Die Region liegt ca. 75 km westlich von der Hautstadt Kampala und hat eine Fläche von 263 qkm, ungefähr so groß wie Dortmund. Die Region hat rund 100.000 Einwohner, gilt als fruchtbar, aber arm. Arbeitsplätze sind Mangelware, viele Menschen arbeiten als Tagelöhner oder leben von den Erträgen eines kleinen Stückes Land. Es gibt dort eine private Schule (School Open Heart), die aber aus allen Nähten platzt.

Die Organisation „Fly and help Stiftung“ von Reiner Meutsch arbeitet seit Jahren daran, 1000 Schulen für Afrika auf den Weg zu bringen. Mit Fly und Help kam ich auf die Region Mityana. Fly and help arbeitet vor Ort mit konkreten Organisationen zusammen, die dann die konkreten Grundstück kaufen, die Schule planen und bauen und dafür sorgen, dass die Schule auch betrieben wird.

Der Organisator vor Ort ist der deutsche Unternehmer Thomas Bleile aus München (www.pmco-uganda.org). Er hat gemeinsam mit seiner Frau Michaela und einem kleinen Team aus Deutschen und Ugandern unter dem Namen PMCO „Passion Ministry Christian School“ 2021 ein wunderbares Grundstück von 16.000 qm auf einer Höhe von 1.500 m erworben, bebaubar gemacht und nun eine Primary School mit vier Klassen gebaut. Der Spatenstich war
im Januar 2021, die offizielle Einweihung begingen wir gemeinsam Ende Juni 2022. Rund 50.000 =ê sind bisher in das Projekt geflossen. Es gibt neben dem Schulgebäude mit hellen und freundlichen Klassenräumen mit blauen Schulbänken ein kleines Toilettengebäude für Schüler und Lehrer, eine Brunnenanlage für Frischwasser und einen schönen Kinderspielplatz. So etwas kennen die Kinder in Uganda gar nicht, denn es gibt dort keine Kinderspielplätze. So wussten die Kinder bei der Einweihung nicht, wie man eine Schaukel bewegt. Sie saßen auf den Schaukeln und ließen die Beine hängen, bis wir ihnen zeigten, wie wir eine Schaukel in große Höhen bewegen können – und natürlich dabei größten Spaß haben.

Der Schulbetrieb kann regulär starten, sobald auch das Kantinengebäude mit der Küche fertig ist. Dieses soll in einem vorhandenen, ehemaligen Stallgebäude realisiert werden. Denn der Schulbetrieb geht von morgens 8:00 bis ca. 17.00, so dass die Kinder möglichst ein Frühstück und eine Mahlzeit am Mittag bekommen sollen. Das Frühstück ist häufig einfach nur ein Porridge, von dem unsere Kinder sicher nicht satt würden. Aber es bedeutet regelmäßige Mahlzeiten am Tag, und das ist in dieser Region durchaus nicht selbstverständlich. Wir haben das fröhliche Lachen der Kinder erlebt, die sich um die nächste Mahlzeit keine Sorgen machen müssen. Und wir haben auch die Familien der Kinder gesehen, die von der Hand in den Mund leben und sich keine Extra-Ausgaben wie Schuluniform oder Lernmittel leisten können.

Für den laufenden Betrieb der privaten Schule braucht es ebenfalls finanzielle Unterstützung. Die Schule ist angewiesen auf Paten für die Schüler, da die Bezahlung der Lehrer nicht vom Staat erfolgt, sondern von dem privaten Schulträger aufgebracht werden muss. Es kommen weitere Kosten hinzu für die Lebenshaltungskosten, Schulmaterial, Schuluniform und Verpflegung mit Frühstück und Mittagessen. Sobald die Schule auch als Boardingschule quasi wie ein Internat betrieben wird, leben die Kinder auf dem Schulgelände in eigenen Schlafgebäuden. Schließlich bedarf es einer regelmäßigen medizinischen Untersuchung und Begleitung, die über eine Krankenversicherung abgedeckt wird. Alles in Allem kostet eine Voll-Patenschaft für ein Kind 65 ê/Monat. Aber auch schon geringere Patenschafts Spenden helfen den Kindern.

Die neue Schule hat bereits 75 Kinder, für die Patenschaften bestehen. Die Schule könnte aber ohne weiteres 300 Schüler betreuen. Auch gibt es Überlegungen, auf dem großen Gelände eine Fortführung der Schule zu bauen, eine Secondary School für die weitere schulische Ausbildung. Jetzt geht es aber erst einmal darum, für die Küche 15.000 Euro und den Speisesaal 17.000 Euro zu generieren.

Warum nun eine Schule in Uganda bauen?
Es gibt theoretisch eine Schulpflicht für die „primary school“ in Uganda, aber vielen Kindern und Jugendlichen ist faktisch ein Schulbesuch unmöglich. So wurden in den vergangenen Jahren Schulgebührenbefreiungen durchgesetzt. Allerdings sind ein Großteil der Lehrer nicht ausreichend ausgebildet und werden schlecht und unregelmäßig bezahlt (durchschnittlicher Monatslohn 50-80 $/Monat). Geld für Schulmaterialien ist nicht vorhanden, und somit gibt es oft weder Schulbücher noch Hefte und Stifte. Außerdem können sich viele Familien die Kosten für die obligatorische Schuluniform nicht leisten. Die Analphabetenrate liegt bei 29 %. Die Einschulungsquote für die „secondary school“ liegt bei nur 15 %, und nur eine verschwindende Minderheit erreicht die Spitze des Ausbildungssystems und kann auf die Universität gehen.

Uganda hatte während der Corona-Pandemie einen harten Kurs gefahren. Die Schulen waren zwei Jahre geschlossen und öffneten erste Anfang 2022 wieder. Viele Lehrer haben sich andere Jobs gesucht, so dass die Schulen kaum wieder ihren Betrieb aufnehmen konnten. Die einzelnen Schulklassen umfassen 50-100 Schüler und die Schulen sind oft in sehr schlechten Zustand, die Ausstattung ist desolat.

Das Schulsystem gliedert sich in die „Nursery“ (Kindergarten 3-6 Jahre), den es faktisch im ländlichen Raum und in ärmeren Gegenden nicht gibt. Die Primary School ist die Grundschule von Klasse 1 – 7, und das Schuljahr gliedert sich in 3 Abschnitte von je 3 Monaten (Term), unterbrochen von Ferien. ln dieser Zeit kehren die Kinder zurück, um bei den Familien zu sein. Die Wege zur Schule sind oft zu weit, als dass die Kinder täglich zur Schule gehen könnten. Die Secondary dauert 6 Jahre von 13-19 Jahre und ist grundsätzlich gebührenpflichtig.

Aufgrund der weiten Wege zur Schule gibt es Boarding Schools, die quasi ein Internat sind. Die Schüler wohnen in den Schulen, haben geschlechtergetrennt lediglich große Gemeinschaftsschlafräume mit einfachen 3-stöckigen Metallbetten, eng auf eng. Die Schüler können ihre Habseligkeiten und Wäsche in einer Metallkiste verstauen, die auf dem Bett steht. Die Schuluniformen waschen die Kinder selbst, Privatsphäre gibt es keine. Für diese Schulform
fällt Schulgeld an, das sich die normale Familie gar nicht leisten kann. Die Wege zur Schule werden zu Fuß gemacht, oft durch unwegsames Gelände oder einfach entlang der nicht asphaltierten Fahrwege.

Das Durchschnittseinkommen liegt in Uganda bei 500 $/Jahr. Die Schulgebühren liegen für einen Term (3 Monate) häufig auch schon bei 500 $/Term, teilweise sogar bei 2.500 $/ Term also für 3 Monate. Daraus wird leicht erkennbar, dass Schulen Luxus sind. Ein Freund sagte mir kürzlich: „Afrika ist der vergessene Kontinent“. Wir dürfen Afrika aber nicht vergessen, denn es wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten der Kontinent mit den
meisten Bewohnern unseres Planeten.

Einige allgemeine Fakten zu Afrika:
Bevölkerung:
1,4 Mrd. Einwohner 2022
2,5 Mrd. Einwohner 2050
4,3 Mrd. Einwohner 2100 = 40 % der Weltbevölkerung 2100

10 Länder in Afrika haben mehr als die Hälfte aller neugeborenen Menschen, u.a. Uganda und Kenia. Uganda gilt übrigens unter Anthropologen aufgrund fossiler Funde als „Wiege der
Menschheit“.
Uganda hat 45, 7 Mio Einwohner und 241.000 qkm und hat damit rund 68 % der Größe Deutschlands (357 qkm). Es ist ein Binnenland in Ostafrika und grenzt an den Victoria See. Das Durchschnittsalter liegt bei 15,7 Jahren – zum Vergleich in Deutschland bei 47,8 Jahren. Die Hälfte der Bevölkerung ist unter 14 Jahre alt. Knapp 85 % gehören die Ugander christlichem Glauben an, 12 % sind muslimischen Glaubens.
Von 1896 bis 1962 war Uganda eine englische Kolonie bzw. Protektorat und wurde dann unabhängig. Der erste Staatschef nach der Unabhängigkeit wurde der Diktator Milton Obote, der 1971 von ldi Amin abgelöst wurde. Unter seiner Diktatur bis 1979 liess er bis zu 300.000 Menschen ermorden. In seiner Ära mussten auch geschätzt 60.000 Asiaten, insbesondere Inder, das Land verlassen, wodurch die wirtschaftliche Lage deutlich schlechter wurde, denn die Inder führten vor allem in den Städten die Geschäfte und die Wirtschaft. Intellektuelle verließen das Land aus Sorge vor willkürlicher Abstrafung. Nach der Diktatur Amins folgte wieder Milton
Obote bis 1986.
Uganda ist eine präsidiale Republik. Das politische System wird vom Regierungschef, Yowerie Museveni (76 Jahre alt), bereits seit 34 Jahren geführt. Er regiert seit 1986, gilt als gemäßigterer Präsident und ist bis 2026 gewählt. Er wird unterstützt von der „Nationalen Widerstandsbewegung NRM-C.

Nach unserem Besuch in der Region Mityana, nach der Begegnung mit den armen Familien in deren einfachsten Hütten, nach dem Blick in die Augen der vielen Kinder, die auf eine bessere Zukunft hoffen, bitte ich herzlich um Unterstützung der Schule in Mityana für den Bau der Mensa. Vor allem aber helfen Schulpatenschaften für weitere Kinder. Weitere Infos unter: https://pmco-uganda.org/faq/

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